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Vor zwanzig, dreißig Jahren habe ich geradezu gebadet in Filmen von Eric Rohmer. Gebadet in dem wohlig schaurigen Gefühl des Ertappt- und Durchschautwerdens, wie da ein sechzig- oder siebzigjähriger Regisseur Filme mit jugendlichen Topoi pedantisch und gleichwohl interessiert und leichthin inszeniert. Zum Wiedersehen bei der Viennale - Retrospektive wähle ich „Pauline à la plage“ (1983) und „Conte d’été“ (1996) und erwarte mir, inmitten junger Menschen im Filmmuseum zu sitzen und mitzuerleben, wie Rohmer-Filme heutzutage funktionieren. Ich gebe zu, eine voyeuristische Erwartung. Sie wird nicht erfüllt werden. Mit Ausnahme der beiden Mädchen vor mir, die zum ersten Mal in ihrem Leben das Filmmuseum besuchen, gehören fast alle anderen offenbar zur Gruppe der älteren Wiederseher.
Das Durchschautwerden erkenne ich sofort
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. Es beginnt damit, wie Paulines Cousine Marion dem Meer entsteigt (anders kann man das nicht bezeichnen) und ihr Begehrt-werden-wollen vor sich herträgt wie eine Trophäe. Es geht weiter mit all dem Sich-zu-und-abwenden, dem Sich-selbst-und-die-anderen-wie-zufällig-berühren, dem nachträglichen Zurechtrücken von Motiven. Wie damals gefällt es mir, in jenem feinen Gemisch aus Reden, Gesten und Blicken zu baden, aus dem die erotische Grundspannung eines Rohmer-Films gemacht ist.
Seinerzeit habe ich mir aus dem Gemisch hauptsächlich die ironischen Momente herausgepickt - ich musste mich schließlich etwas distanzieren -, heute verstehe ich, dass es das genaue Ineinandergreifen aller Töne, Bewegungen und Farben ist, das die Filme so fließend und gleichzeitig haltbar macht. Damals habe ich zugehört, wie die Figuren über ihre Vorstellungen, Wünsche und Befürchtungen reden und natürlich bemerkt, dass ihr Reden nicht mit ihrem Handeln zusammenpasst - was mir nicht ganz unvertraut war und weshalb ich diesen Effekt gerne der Weisheit des älteren Regisseurs zuschrieb.
Heute bin ich fasziniert von der Dynamik, die Rohmer gerade durch seine Pedanterie erzielt. Es wird in seinen Filmen eben nicht quasi-dokumentarisch geredet, schon deshalb nicht, weil wirkliche Gespräche über Vorstellungen, Wünsche und Befürchtungen viel weniger direkt angegangen werden und meistens maskiert sind von einer Alltäglichkeit, deren die Rohmerschen Dialoge schon weitgehend entkleidet sind. Erst recht sind die Gespräche nicht einfach nur atmosphärisch, sondern durch genau gesetzte Wechsel von Intonation, Rhythmus und Tempo markiert. Mit jedem neuen Gedanken, je nachdem ob die Figuren nebeneinander oder einander gegenüber sitzen, ob sie schlendern, hintereinander herjagen oder umeinander schwänzeln, ändert sich die Dynamik des Redens. Wenn Gaspard von seiner vagen Entscheidung für ein Mädchen berichtet und Margot empört darüber urteilt, geschieht dies allein mit den Mitteln rhythmischer Verdichtung und wirkt wie ein Paukenschlag.
Dass am Schluss die Männer gern durch Dinge, um die sie sich schnell kümmern müssen (ein Segelboot, ein 8-Spur-Tonbandgerät), aus ihren amourösen Überforderungen gerettet werden, und dass wieder einmal Chancen nicht ergriffen wurden, das ist dann wieder sehr alltäglich.
(erschienen in DER STANDARD Printausgabe, 21.10.2010)
Der heurige Eröffnungsfilm "Des Hommes et des Dieux" (Von Menschen und Göttern) von Xavier Beauvois ist ein Film über so vieles: Über katholische Exerzitien, über das Singen von Chorälen, über das Innen und das Außen, über christliche und islamische Versatzstücke, über Arbeit, über Nächstenliebe, über Gespräche, über Gebrauchtwerden, über Getötetwerden, über Gemeinschaft.
Nach einer halben Stunde Exposition der Themen in dieser Reihenfolge in einem Spielfilm, der die letzten Monate der Mönche von Tibhirine in Algerien (die unter bis heute nicht restlos aufgeklärten Umständen von der terroristischen Groupes Islamiqes Armes entführt und enthauptet wurden) nachzeichnet, wird mir klar, dass ich mit der Form des Films nicht glücklich werde. Zwar behauptet der Film eine vom Klosterleben inspirierte Langsamkeit der Erzählung, das schon. Auch weigert er sich, die Cineplex-tauglichen Aspekte - die Ermordung und die rätselhaft unvollständige Aufklärung - aufzugreifen, sondern widmet sich dem Alltag der Mönche und dem Dilemma zwischen Berufung und Märtyrertum.
Doch innerhalb all seiner „aboutness“ entscheidet sich der Film für keine stringente Form. Der dramaturgische Faden verläuft entlang der Reise von einer nominellen Gemeinschaft über den Einzelnen hin zu einer Gemeinschaft, die aus den Diskussionen innerhalb der Gruppe hervorgeht. Ab und zu nimmt der Film auf, was sich zusätzlich an religiösen Symbolen anbietet. Es ist das Durcheinander der formalen Elemente, das mich irritiert. In die funktionale Erzählweise schieben sich unter anderem die Inszenierung eines verletzten Terroristen als toter Christus, die Inszenierung des letzten Abendmahls mit Tschaikowskys "Schwanensee", das psychologische Lesen in den Gesichtern der Mönche (bei aller Schauspielkunst: ein asketischer Lebensstil hinterlässt andere Spuren als ein Leben fürs Theater).
Dieser Film, der in seiner Intention nichts falsch macht, eignet sich gut als Eröffnungsfilm und: Er macht den Weg frei für ein Programm, in dem auch radikale Positionen ihren Platz haben.
„Double Tide“ der bildenden Künstlerin Sharon Lockhart ist so ein Beispiel. Der Film besteht aus zwei fixen Einstellungen zu je 45 Minuten, in denen eine Muschelsammlerin am frühen Morgen und am Abend ihrer Arbeit nachgeht. Die Wege, die sie zieht, und ihre Bewegungen, werden später von einem Reiher weiter hinten in der Landschaft ergänzt.
Der eigentliche künstlerische Akt besteht darin, diese kinematografische Situation aufgespürt und als kontemplatives Angebot, entsprechend einer Natur- oder Kunsterfahrung, als Meditation, nach der man erfrischt wie nach einem Kurzurlaub das Kino verlässt, gesetzt zu haben. Bloß minimale Veränderungen von Licht, Ton, Bewegung und den Spuren, die sich nach und nach ins Bild eingravieren – aber in dieser Konzentration sind sie voller Dramatik und Spannung! Vor einigen Jahren erlebte ich die Premiere von James Bennings "Thirteen Lakes" bei der Viennale und war stolz auf das Publikum, als es sich dieser Erfahrung nicht verschlossen hat.
(erschienen in DER STANDARD Printausgabe, 23.10.2010)
 - Double Tide, Foto: Viennale
Es fängt bereits an. Nach zwei Tagen Viennale ist das Vogelgezwitscher, das mich in der Früh weckt, nicht einfach da, es ist orchestriert in links und rechts, laut und leise, es verbindet sich mit den letzten Traumbildern aus breitformatigen offenen Horizonten, Himmel, Meer, Dschungel. Den Wald vor meinem Fenster nehme ich kontrastreicher wahr als sonst, in ständiger Veränderung von farblichen Schattierungen und Lichtstimmungen, die Nebel lichten sich dramatischer, und in der Nacht, beim Heimfahren, könnten die Rücklichter weit entfernter Fahrzeuge auch rote Augen einer beseelten Natur sein, und das wäre ganz normal.
Es gab eine Zeit, da sprach man über Film gerne als 'Bilder und Töne', um das Gemachte am Kino zu unterstreichen, seine Grundlagen zu benennen. Um über die zwei Filme nachzudenken, die ich an den letzten beiden Tagen gesehen habe, der eine eine Entdeckung, der andere ein ausgewiesener Höhepunkt der Viennale, die auf ihre je eigene Weise die Materialität des Kinos untersuchen, würde ich, wenn man so will, größere und weitere Begriffspaare gebrauchen: Energie und Bewegung für "Les états nordiques" von Denis Cotè, Offenheit und Durchlässigkeit für "Uncle Boonmee" von Apichatping Weerasethakul.
"Uncle Boonmee" entfaltet durch die Einladung allen Erscheinungen gegenüber, egal, ob es Menschen, Tiere, oder Projektionen sind, und durch die gleichwertige Aufmerksamkeit auf alle Vorgänge, das Gehen durch den Dschungel, das Anlegen einer Nieren-Drainage, das Betrachten glitzernder Schleier, eine schwebende Gelassenheit. Wie das Vergehen der Zeit und der Abstand zu den Dingen fühlbar ineinander fallen, das lässt sich im Kino des Apichatping Weerasethakul erleben und als Trost erfahren. Verstehen ist nicht alles.
'Du erwartest doch nicht von mir, dass ich hier lebe, mit all den Geistern und Gastarbeitern' sagt Tante Jen zu Onkel Boonmee, und das zottelige Wesen mit den roten Augen, das sich als der Geist ihres Neffen vorstellt, fragt sie, warum er sich die Haare habe so lang wachsen lassen. Alles, egal wie fremd oder unwirklich es erscheinen mag, wird nach einem kurzen Innehalten in die flüssige Form des Films integriert.
Bei "Les états nordiques", dem Erstlingsfilm des kanadischen Regisseurs Denis Coté, dem die Viennale eine Werkschau widmet, weiß ich innerhalb von ein paar Minuten, dass ich hier richtig bin. Es beginnt wie ein Homemovie, eine ungenierte Kamera begeistert sich an der Emotionalität von Zuschauern bei einem Wrestling-Kampf und am Schmerz der Protagonisten. Kurz darauf nagelt Christian, die Hauptperson des Films, eine Christusfigur ans Kreuz, da fährt die Kamera mit einer ruckartigen schnellen Bewegung direkt ins Geschehen, um jenen Moment zu erwischen, in dem die Gesichter von Christian und Christus ganz nah zusammen kommen.
Das hätte man mit einem Schnitt eleganter lösen können. Aber bei Coté geht es nicht ums Zeigen, es geht um die emotionale als filmische Bewegung. In dieser Hinsicht gibt es lange, verdrängende Kamerafahrten, die von heftigen Momenten des Aufruhrs unterbrochen sind, wo ich als Zuschauerin aufgrund der Involviertheit der Kamera eigentlich nichts mehr sehe, aber umso intensiver Zeuge des inneren Geschehens bin.
(erschienen in DER STANDARD Printausgabe, 25.10.2010)
Dass man auf Filmfestivals viele Filme nacheinander sieht, ist raumzeitlich falsch ausgedrückt. In Wirklichkeit sieht man sie übereinander geschichtet. So sah ich "M/F Remix" der Amerikanerin Jy-ah Min, direkt danach und darüber den neuen Film von Rudolf Thome, "Das rote Zimmer". Auf dieser Hintergrundfolie am nächsten Tag "La Vie au Ranch" von Sophie Letourneur und am übernächsten Lawrence Tooleys "Headshots".
Meine Unbehaglichkeit in "M/F Remix" klärt und verfestigt sich, als ich "La Vie au Ranch" sehe. Der amerikanische Film porträtiert die Jugend, die ihm zur Verfügung steht, eine aseptische, zwischen Berührungsverbot und Übersexualisierung aufgespannte Generation, und sucht nach Ähnlichkeit und Unterschied zu Godards "Maskulin/Feminin" aus dem Jahr 1966.
Auf der Ranch, der namensgebenden Pariser Wohngemeinschaft in "La Vie au Ranch", leben Studentinnen, die ihrem Adoleszentenstatus alle Ehre machen. Dabei geht es nicht darum, wie viel getrunken und geraucht wird oder worüber da ununterbrochen geredet wird. Der Neid könnte einen fressen, mit welcher Selbstverständlichkeit und Selbstvergessenheit, mit welcher instinktiven Körperlichkeit die Mädchen ihr soziales Leben in der Gruppe der Gleichaltrigen ausagieren. Nach Partynächten haben sie noch keine Restauration nötig, es geht einfach weiter, im Wachzustand wie im Schlafen.
Was als zufällig daherkommt, ist genauestens komponiert. Hochmusikalisches Durcheinanderreden, Handyklingeltöne, Telefonieren, Lachen und Singen, die Tonspur des Films ist ein Labsal. Dazu kommt das körperliche Umgehen miteinander, das pausenlose Reden ersetzt nämlich nicht andere Ausdrucksmöglichkeiten. Fast gehen die Körper ineinander über, so beinahe grenzenlos, so intim mit allen Sinnen (inklusive Mundgeruch, Traurigkeit und Blasenentzündung) verläuft die Choreografie in der Gruppe. Gleichermaßen gestaltet ist der Ablauf dieses Durcheinanders. Solo und Chor, wenn eine versucht, den richtigen Zeitpunkt für das Anrufen ihres potentiellen Freundes festzulegen (auch nicht weniger aufwändig als früher, als man den ganzen Tag neben dem Telefon gewartet hat). Ensemble Szenen als Kostümproben, Tanz- und Singeinlagen, Eis-Ess-Parcour, Hangover-Management. So genannte belanglose Gespräche, die in spontane Call and Response Muster, Refrains und Raps umgeformt werden. Trotz der hohen Geschwindigkeit ein Film mit Atem.
Was das Selbstverständnis junger Frauen angeht, ist "Das rote Zimmer" auf Augenhöhe. Am Urgrund schimmert "Rote Sonne" durch, der Thome Klassiker von 1969. Der Plot von "Rote Sonne" war zwar subversiver (zur Erinnerung: vier Frauen verbindet der Schwur, dass sie höchstens fünf Tage lang Männer für Liebesspiel und Autofahrten benutzen dürfen, dann müssen die Männer sterben), aber in der Figurenzeichung favorisiert der alte Thome zusehends die jungen Frauen. Die Auftritte der Männer können gar nicht so klein sein, dass sie nicht in jedem Fall dem Unernst ausgeliefert sind. Die Frauen hingegen bestimmen über Ökonomie und Gefühlshaushalt. Es wird viel und ausgiebig geküsst und jedes Mal hält das Kinopublikum den Atem an. Das muss man dramaturgisch erst einmal hinkriegen. Der neue Thome ist leicht, lustig, schön.
In "Headshots" gibt es gegen Schluss eine Szene, die Thome geschuldet sein könnte. Um die Dekomposition der zentralen Frauenfigur zu zeigen, driften Bild und Ton ansonsten streckenweise auseinander, ein fühlbar irritierendes Verfahren.
(erschienen in DER STANDARD Printausgabe, 28.10.2010)
Ich war mir ganz sicher, dass der Film mit dOF, also als deutsche Originalfassung, angegeben war, und dann sitze ich in Jean-Paul Torailles "Les Avatars de la mort d’Empédocle", einem Video, das ohne eigentliche Veröffentlichungsabsicht bei einem Dreh von Jean-Marie Straub und Danielle Huillet entstanden ist, und bin mit französischem Nuscheln konfrontiert. Ich verlege mich dementsprechend auf andere ethnographische Beobachtungsmodi, denn das ist es, was dieser Film hauptsächlich zutage fördert: die Sitten und Gebräuche eines Teams bei der Arbeit, 1986, in einem Wald am Fuße des Ätna auf Sizilien. Das sprachliche Nichtverstehen – abgesehen von kleinen Portionen Hölderlin in Straub-Huillets eigener Inszenierungsweise, die mich an den jungen französischen Theaterregisseur Laurent Chetouane erinnert, der ähnlich spannend mit Intonation und Akzent im Deutschen umgeht – wird richtiggehend angenehm.
Keine gemachte Doku, keine Musikuntermalung, ich kann bemerken was ich bemerken will. Dass die Männer im Team die Angewohnheit des Chefs, immer eine Zigarillo im Mund zu haben, nachahmen. Dass das eigentliche Zentrum der Arbeit Danielle Huillet ist, sie mimt nicht Tätigsein, sie tut, was zu tun ist. Was für ein Monster so eine 35mm Kamera ist und dass, seitdem billige und leichte Videokameras hergestellt werden, jeder sein Leben dokumentiert, während seinerzeit beim Wechsel vom Tonband- zum tragbaren Kassettengerät keine Doku-Revolution ausgebrochen ist.
Dokumentarisches Arbeiten ist im Spielfilm, genauso wie im zeitgenössischen Theater und Tanz ein Thema, hier wie dort verschwimmen die Formen und Methoden. Dass Klaus Wybornys "Studien zum Untergang des Abendlandes" als Dokumentarfilm im Viennale Programm läuft, ist trotzdem merkwürdig. Wyborny ist ein Filmemacher in der Linie des strukturellen Films (Peter Kubelka, Kurt Krenn, Paul Sharits). Vor der Uraufführung seiner Studien verspricht er dem Publikum einen Musikfilm, Bild und Ton synchron, was ein seltener Genuss, ein Geschenk sei. Dieses Geschenk nehmen aber nicht alle im Publikum an, immer wieder gehen Leute hinaus. Dass Wyborny die Super-8-Kamera als Musikinstrument einsetzt und damit visuelle Rhythmen erzeugt, gefällt mir, genauso wie die nachvollziehbar synchrone Verknüpfung mit Zwölftonmusik.
Am Anfang bin ich gespannt dabei (meine Choreografien sind vom strukturellen Film beeinflusst, ich arbeite mit visuellen und räumlichen Rhythmen), aber mit der Zeit beginnt ein interessanter Perspektivwechsel sich meiner zu bemächtigen. Ich werde immer kritischer, was das Bildmaterial und die darunter liegende Romantik angeht. Industrieaufnahmen, deren Gerüste und Linien die kompositorische Grundlage liefern, wechseln sich mit runden, fließenden Motiven ab. Je länger der Film dauert (der Gesamtbogen ist nicht recht griffig, die letzten dreißig Minuten beginnt der Film aufzuhören, hört aber nicht auf), desto altmodischer kommt mir die Dominanz der Diagonalen, die herbeigefilmte Schönheit der Strommasten und Förderbänder vor.
(erschienen in DER STANDARD Printausgabe, 30.10.2010)
Das habe ich nun davon, dass ich in der letzten Kolumne über Wybornys Diagonalen gelästert habe: "Attenberg" kennt Bildkomposition nur rechtwinkelig und parallel. Nach der Vorführung stehen die Regisseurin und die Moderatorin Schulter an Schulter nebeneinander und schauen ins Publikum, beide mit schwarz umrandeter Brille, beide mir dem Mikro aufrecht vor der Brust. Das Bild könnte, wäre der Hintergrund weiß und nicht der rote Kinovorhang, direkt dem Film entnommen sein.
Man sollte meinen, "Attenberg", gemacht von der Performance Künstlerin Athina Rachel Tsangari, mit seinen Variationen von Monthy Pythons Silly Walks und von den SchauspielerInnen gekonnt ausgeführten Tierimitationen, wäre mir als Choreografin ein naher Film. Aber trotz der ungewöhnlichen Figuren und Beziehungen und trotz der vielen witzigen Ideen bleibt er mir fern.
Als Hauptfigur eine Frau, die Begehren und Erregung nicht kennt (psychologisch würde man es wohl eine autistische Störung nennen) und sich der Liebe über das Erlernen der mechanischen Vorgänge nähert, warum nicht; einmal sah ich in einer Natursendung als Vögel verkleidete Forscher, die Störchen die Flugbewegung vormachten, weil die Tiere nicht mehr von sich aus fliegen lernten - die Natur ist offensichtlich abhängig von ihrer Umgebung, damit sie ihr Programm durchziehen kann.
Aber "Attenberg" ist statisch, der Film kümmert sich zu sehr um die Abbildung aller Ideen aufeinander und erstickt so beinahe an sich selbst. Ich glaube, die menschliche Seele braucht abwechselnd beides: Einmal die von Reizen entleerte, fokussierte, minimal gesetzte Situation, um sich zu erfrischen. Das andere Mal will sie sich dem Überbordenden, Unbegreiflichen, Überfordernden, dem Chaotischen überlassen, um sich aufzuladen. Was sie nicht braucht, ist das Dazwischen oder beides gleichzeitig, um einen Filmtitel von Alexander Kluge zu zitieren: „In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod.“
Für den letzten Eintrag ins Tagebuch beschenkt mich die Viennale mit einem Film, in dem Choreografie nicht vorkommt, sondern der Choreografie ist. Ich definiere das Choreografische als die logistische Kunst, zur richtigen Zeit mit den richtigen Leuten an den richtigen Ort zu gelangen (die konkrete Ausformulierung von Bewegung ist nur eine Unterabteilung des Choreografischen). Der Film "Im Schatten" von Thomas Arslan entspricht dieser Beschreibung auf allen Ebenen und webt Krimi-Versatzstücke so plan ineinander, dass er, um ein abgenutztes Wort zu verwenden, funktioniert.
Die Genauigkeit und Eleganz, mit der der Fortgang der Handlung, das Timing der Bewegungen, der Kamerafahrten, der zufallenden Autotüren, des Networkens, des Abwartens, des Beobachtens, des plötzlichen Agierens, aufeinander abgestimmt sind, ist atemberaubend. So eine spannende Verfolgungsjagd, in der weder eine schnelle Bewegung noch ein lauter Ton vorkommen, habe ich zuvor noch nie gesehen. Wie der filmische Raum in Kurven erschlossen wird – als die weibliche Hauptfigur eingeführt wird, geht sie einen langen Weg, quasi eine Fibonacci-Spirale, um ein Geländer herum, bis wir ihr Gesicht sehen – bezieht mich als Zuschauerin mit ein. Ohne emotionale Manipulation, einfach so, einfach schön.
(erschienen in DER STANDARD Printausgabe, 2.11.2010)
Herzlichen Dank an Hans Hurch, Dominik Kamalzadeh, Luis Neuhold, Claus Philipp, Isabella Reicher, Karl Stifter, Judith Wieser-Huber, Constantin Wulff
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